Seit gestern geistern Tweets unter dem Hashtag #wiesmarties durch die Twitterwelt. Grund dafür ist, dass die schwarz-gelbe Mehrheit sich im Gesundheitsausschuss durchgesetzt hat un die Notfallverhütung, die Pille danach, weiterhin rezeptpflichtig ist, da Frauen mit der Pille danach nicht verantwortungsvoll genug würden und diese wie Smarties eingenommen werden würden, wenn man die Rezeptpflicht dafür aufheben würde – so einige Politiker.
Was ich aber gern mal hinterfragen würde:
Warum ist es im Gegenzug dazu ok, wenn 55% der deutschen Frauen sich tagtäglich Hormone einschmeißen – wie Smarties?
Warum ist es ok, dass 13-jährige Hormone verschrieben bekommen, weil sie ein paar Pickel oder einen unregelmäßigen Zyklus haben?
Warum ist es ok, dass so viele Frauen die Pille nehmen, ohne richtig von ihrem Gynäkologen über mögliche Nebenwirkungen und ein erhöhtes Tromboserisiko aufgeklärt zu werden?
Um die Pille zu bekommen, muss man sich keinem Spießrutenlauf unterziehen, wie er nötig ist um die Pille danach zu bekommen – obwohl es bei der Pille danach wirklich darum geht schnell zu handeln, weil die Wirksamkeit mit der Zeit, die nach dem Sex vergeht, immer geringer wird.
Als ich mir mit knapp 14 die Pille verschreiben ließ, machte ich das hauptsächlich, weil meine Haut ein bisschen unrein war. Sex spielte zu dem Zeitpunkt keine große Rolle und die Pille war in meinem Freudeskreis als „Lifestylemedikament“ gehyped, von dem die Pickel wie über Nacht verschwinden und man sofort große Brüste bekommt.
Ich musste mich dafür nicht einmal untersuchen lassen. Ich ging zu meiner Frauenärztin und war keine 10 Minuten später mit einem Rezept in der Hand wieder aus der Praxis raus. Dass ich ab diesem Zeitpunkt eine der Pillensorten nahm, die mein Risiko eine Trombose zu bekommen um das 7,3fache erhöhte und damit zu den gefährlichsten Pille gehört, die momentan auf dem Markt sind, entdeckte ich erst fünf Jahre später im Internet. Meine Ärztin erwähnte das in keinem Nebensatz. Natürlich könnte man mir jetzt vorwerfen, dass ich ja hätte die Packungsbeilage lesen können, aber welcher Teenager macht sich schon Gedanken über Trombose oder sonstige Nebenwirkungen dieses als Beautypille deklarirtem Medikamentes?
Abgesehen vom erhöhten Tromboserisiko, hat die Pille noch eine lange Liste mehr Nebenwirkungen über die kaum ein Arzt aufklärt. Depressionen, Stimmungsschwankungen, eingeschränkte Libido, Wassereinlagerungen, Magen-Darm-Probleme, Pigmentstörungen …
Ich denke, anstatt wüste Thesen darüber aufzustellen, dass Frauen die Pille danach wie Smarties einnehmen würden, gäbe es keine Rezeptpflicht mehr, sollten sich die Politiker mal Gedanken über die „normale“ Pille machen.
Vielleicht wäre es sinnvoll, eine Altersbeschränkung einzuführen. Vielleicht sollte man die Ärzte dazu zwingen mit Patientinnen über alternative Verhütungsmethoden zu sprechen und über Nebenwirkungen aufzuklären, bevor man die Pille verschreibt. Vielleicht wäre es auch sinnvoll einen Gentest zu machen, bevor man die Pille verschreibt um festzustellen, ob die Patientin nicht eh schon genetisch bedingt ein hohes Risiko hat an einer Trombose zu erkranken.
Das wäre doch mal schön, lieber Gesundheitsausschuss.
6 Comments
Noch schöner: ich, 20 Jahre alt, gehe zum Frauenarzt und frage, was denn die beste Verhütungsmethode für mich wäre, weil ich die Pille nicht nehmen will. Er fragt warum und ich lege ihm erstmal die Fakten auf den Tisch – und er lacht. Und stempelt mich als dumm ab. Ein Hoch auf deutsche Frauenärzte!
Hallo Domie,
das ist leider ein wirklich sehr großes Problem. Den meisten jugendlichen Mädchen wird von einem Frauenarzt zur Antibabypille geraten. Über die Nebenwirkungen derer wird gar nicht wirklich viel gesagt bzw. es werden keine Alternativen genannt. Dabei könnte man auch zu einer Verhütung ohne Hormone greifen, die keine dieser Nebenwirkungen aufweisen wird: http://harri-wettstein.de/verhuetung-ohne-hormone/
Zudem kann eine Verhütung ohne Hormone, insbesondere die symptothermale Methode, fast genauso sicher sein wie die Verhütung mit der Pille.
Ich stimme dir als zu: Es muss sich dringend etwas ändern.
Toller Beitrag! 🙂
Dass damit zu locker umgegangen wird, stimmt mit Sicherheit. Ein Alterslimit würde ich dennoch nicht setzen, aber wenigstens eine Untersuchung und ein gutes Aufklärungsgespräch über das Medikament und andere Möglichkeiten sollte geführt werden müssen.
Und das mit der Pille danach halte ich für ziemlich riskant, gerade weil es vielen Mädchen eh schon unangenehm ist zur Apotheke zu gehen und die zu kaufen. Da sollte man meiner Meinung nach nicht auch noch die Rezeptpflicht in den Weg setzen. Abgesehen davon, denke ich nicht, dass die Meisten Frauen dies als einzige Verhütungsmethode nutzen.
Ein toller Kommentar, der mir aus der Seele spricht.
Die Pille als „alternativlose“ Verhütung der Moderne wird auf eine Art und Weise vermarktet, die darüber völlig hinweggeht, dass die Hormoneinnahme ein nicht unbedeutender Eingriff in die eigene Person ist.
Und an der Front trifft man dann auf Frauenärzte, die lieber einer Patientin mit Nebenwirkungen 10 verschiedene Pillen verschreiben, bevor sie mit ihr halbherzig die Alternativen erörtern. Frauenärtze, die oft immer noch nicht vorbereitet sind, um über sichere Methoden wie etwa die Kupferkette oder den symptothermalen Zyklusrechner cyclotest aufzuklären, sondern nach 10 Versuchen mit der Pille die Hormonspirale Mirena als Alternative vorschlagen…
Danke für diesen Beitrag!
Ich hatte eine ähnliche Erfahrung, mir wurde einfach die Pille verschrieben (mit 13!) weil ich Regelschmerzen hatte. Man muss zwar schon weiter zum Arzt, um sich das Rezept abzuholen, aber grossartige Informationen über Nebenwirkungen bekommt man da nicht. Als ich Probleme mit der Pille hatte und ich über hormonfreie Alternativen Infos haben wollte, wurde mir gesagt, da gäbe es nicht viel Auswahl für mich (das war’s!) und ich bekam ne neue Pille. Ich musste mich selbst dahinter klemmen und mich informieren – und es gibt ne MENGE Alternativen zum Verhüten! Ich hab dann mit klassischer NFP angefangen, weil ich das super fand, um mal endlich wieder meinen Zyklus und Körper zu verstehen und bin dann auch auf den cyclotest gestossen, den ich jetzt nutze. Und das ist nur eine von VIELEN Alternativen!
Also ich stimme Dir zu, Pille danach hin oder her – was ist denn mit der Pille an sich? Kommt man denn gar nicht gegen die Pharmakonzerne an??!! Ich hoffe, dass viele Deinen Beitrag lesen und dann auch mal ins Grübeln kommen!
Ich finds unter aller Sau, dass die pinada verschreibpflichtig ist und ein halbes vermögen kostet. (als es die 10€ Gebühr gab, war es noch schlimmer, da insgesamt teuerer!) Es ist in meinen augen sogar kontraproduktiv.
Es passierte bei mir an einem Sonntag: Das kondom riss. also auf zum nächsten KH. Dort sagte man uns, dass wir mit einer wartezeit von 4 stunden (!!!) rechnen müssen. FÜR EIN BLÖDES REZEPT. Nee, ich habe nicht gewartet und ihn kauf genommen, dass die wahrscheinlichkeit für die Wirkung die Pille sinkt. Ich habe besser zu tun als 4 stunden auf ein Rezept zu warten! (schwanger bin ich zum glück nicht geworden.)
statt den Frauen zu unterstellen, dass sie zu dumm für die einnahme sind, sollten die Politiker und ärzte mehr auf die aufklärung setzen. (ich wurde genauso wie du bei meiner FA über die pille nicht aufgeklärt. )